Ab Sonntag gilt ein neuer Schutz für fünf Haiarten
Umweltschützer sprechen von einem Meilenstein: Am Wochenende tritt ein Schutz für wichtige Haiarten in Kraft. Doch ob sich große Fischereinationen wie Japan daran halten, ist ungewiss. Von Georg Ismar
Quelle: Die Welt
Foto: pa Hammerhaie sind besonders bedroht. Eine große Gefahr stellt das sogenannte Finning dar. Dabei werden die Flossen des Hais abgeschnitten, oft bei lebendigem Leib
So viel Ablehnung wie im Jahr 2008 in Tokio war Jochen Flasbarth, Abteilungsleiter Naturschutz des Bundesumweltministeriums, selten entgegengeschlagen. Im japanischen Fischereiministerium gab man ihm zu verstehen, dass eine Art niemals durch die Fischerei aussterben könne: Bevor sie verschwinde, sei das Fischen mangels Ausbeute ohnehin eingestellt worden. Flasbarth wurde von den Japanern als Feind ihres Milliardengeschäftes gesehen.
Heute ist Flasbarth Staatssekretär im Ministerium und sieht sechs Jahre nach dem Besuch in Tokio trotz Vetos einen Durchbruch: Ab Sonntag gilt ein neuer Hai-Schutz. Das heißt, Haie und Haiprodukte dürfen nur noch unter strengen Regeln international gehandelt werden.
“Die Überfischung auf den Weltmeeren ist eher die Regel als die Ausnahme”, kritisiert er. Viele Haie landeten oft als Beifang in den Netzen. Rund 500 Haiarten gibt es weltweit, nach offiziellen Zahlen werden pro Jahr Haie mit einem Gesamtgewicht von 280.000 Tonnen gefangen und verarbeitet. Die Dunkelziffer dürfte weit höher liegen. Daher wurde bei der Artenschutzkonferenz im März 2013 in Bangkok auch von Deutschland für einen besseren Schutz gekämpft.
Erstmals kommerzielle Fischarten auf der Liste
Nach einer 18-monatigen Übergangsfrist sind ab 14. September mehrere neue Arten auf der Roten Liste: Der Weißspitzenhochseehai, der auch in hiesigen Breiten vorkommende Heringshai, drei Hammerhai-Arten und Mantarochen.
“Wir betreten hier Neuland, erstmals werden kommerziell relevante Fischarten in die Liste aufgenommen”, sagt Harald Martens vom Bundesamt für Naturschutz. In der EU gibt es bereits seit 2010 ein Fangverbot für Herings- und Dornhai – dabei schätzen viele Bürger die geräucherten Bauchlappen des Dornhais als “Schillerlocke”. Aber über Geschmack lässt sich ja gerade beim Hai bekanntlich streiten.
Foto: pa Der Heringshai – aus seinem Bauchlappen wird die “Schillerlocke” gewonnen, die auch in Deutschland viele als Delikatesse schätzen
Die Artenschutzexpertin beim Naturschutzbund, Heike Finke, spricht von einem Meilenstein. “Der Handel dieser Arten kann jetzt erstmals kontrolliert werden”, betont sie. “Das ist enorm wichtig, denn unkontrollierter, nicht nachhaltiger Fang gefährdet den Bestand von bedrohten Haiarten.” Zudem könne so die Datenlage zu Haibeständen weltweit verbessert werden.
Das Washingtoner Artenschutzübereinkommen Cites (Convention on International Trade in Endangered Species of Wild Fauna and Flora) gibt es seit 1971. Es soll den Handel mit bedrohten Tier- und Pflanzenspezies begrenzen oder verbieten, auch von Korallen und edlen Tropenhölzern.
Als Cites gegründet wurde, hatte der Ausverkauf der Natur Hochkonjunktur: Krokodilleder und Ozelot- oder Leopardenfelle waren ebenso in Mode wie Souvenirs aus Elfenbein oder Medizin aus Nashorn-Pulver. Das Abkommen gilt als Instrument verbindlichen internationalen Rechts für derzeit 180 Nationen (Vertragsstaaten) und schützt mehr als 5000 Tier- und 28.000 Pflanzenarten.
Für die Listung reicht Zwei-Drittel-Mehrheit
Bei Abstimmungen über eine Listung neuer bedrohter Arten reicht eine Zwei-Drittel-Mehrheit, daher konnten Fischereinationen wie Japan, Island und China überstimmt werden. Vor allem weil auch die USA mitzogen. Das Beispiel zeigt, es geht noch was international – dringend notwendig wäre es auch beim Klimaschutz.
Foto: pa Nach jahrelangem Ringen werden nun endlich auch die großen Mantarochen unter Schutz gestellt
“Das war spannend. Es ist gelungen, die harte Blockadefront zu durchbrechen”, erinnert sich der Leiter Artenschutz bei der Umweltstiftung WWF, Volker Homes, an die Schlussverhandlungen. “Haie haben eine extrem schlechte Lobby, vor allem im Westen.
Das hat viel mit den ganzen Mythen zu tun – und dem Film ,Der weiße Hai’.” Dieses Raubtier ist übrigens als eine der ersten Haiarten seit 2004 auf der Anhang-II-Liste von Cites – es ist vielerorts vom Aussterben bedroht.
Bei Verstößen drohen empfindliche Strafen
Der Weiße Hai spielte aber nie eine Rolle für den kommerziellen Fang. Was bedeutet der neue Schutz nun konkret? Die Produkte der in Cites gelisteten Haie dürfen nur noch international gehandelt werden, wenn sie aus nachhaltig bewirtschafteten Gebieten stammen, also wo es keine Überfischung gibt.
Doch ist Cites nicht letztlich ein zahnloser Tiger, wie die Jagd auf Elefanten und Nashörner in Afrika zeigt, die teilweise von Hubschraubern aus abgeschossen werden? Flasbarth verneint.
Erst dank Abkommen wie Cites käme man überhaupt “in eine neue Sphäre der Verbrechensbekämpfung”, durch Behörden wie Interpol. Denn nun gibt es Regeln – und damit auch zu ahndende Verstöße.
Ein Viertel der 500 Hai- und Rochenarten bedroht
Und WWF-Mann Homes betont, es gebe es nun viel mehr Druck. “Es werden viel zu viele Haie gefangen.” Er hofft auf eine Erholung der Hai-Bestände. Erstmals gebe es nun eine starke Allianz gegen die Haifischer aus Ländern wie Japan. Wenn der Hai-Schutz gemäß Cites nicht geachtet werde, drohe ein Handelsbann auch für andere Produkte, betont er.
Der WWF geht davon aus, dass fast ein Viertel der rund 500 Hai- und Rochenarten bedroht sind. Hauptgrund dafür ist die Überfischung. In Asien werden Haiflossen nach wie vor als Delikatesse gehandelt.
Dabei ist die Fangmethode, das sogenannte Shark-Finning, besonders umstritten. Die Fischer schneiden die Flossen ab und werfen das sterbende oder tote Tier zurück ins Meer. Der WWF schätzt, dass rund 100 Millionen Exemplare pro Jahr gefangen werden, und warnt: “Die hohen Fangzahlen lassen sich nicht durch eine schnellere Reproduktionsrate ausgleichen. Haie wachsen sehr langsam, und sie erreichen die Geschlechtsreife bei manchen Arten erst mit 30 Jahren.”